Können wir uns das leisten?

Sowas macht man nicht. Das heilige deutsche Rentensystem vom 1889 mit einer Geldanlage am Kapitalmarkt zu vergleichen. Das eine ist Deutsch. Ehrlich. Bismarck und Kaiser. Sicher. Rock-Solid. Gottgefällig. Das andere ist was für FDPler und Schlehmile. Halbseiden. Unsicher. Spukhaft. Pfui.

Klar

Ich machs trotzdem. Denn, immerhin: Das deutsche Rentensystem, das Umlagesystem hat ein Problem. Es funktioniert nicht mehr. Die 18,6 Prozent ihres Bruttogehalts, die Sie monatlich in das Umlagesystem abführen müssen, genügen nicht, um die Zahlungen an die aktuellen Bezieher von Renten zu decken. Und, ja, den Arbeitgeberanteil müssen Sie auch verdienen, den bekommen Sie nicht geschenkt, der fällt nicht vom Himmel. Der wird nur aus politischen Gründen versteckt.

Bevor jetzt auf Facebook gleich wieder farbige Texttafeln auftauchen, mit der Aufforderung zu teilen, wenn man der gleichen Meinung sei: "Die Rente ist keine Sozialleistung" und "Rentner müssen sich nicht schämen" - Natürlich. Jeder der jahrelang Rentenbeiträge bezahlt hat, dem Versprechen an sichere Auszahlung einer Rente glaubend, hat selbstverständlich und ohne Diskussionen einen Anspruch auf das Einlösen des Versprechens. Darum gehts überhaupt nicht.

Und es ändert auch nichts an den Fakten - das eingezahlte Geld reicht nicht von der Hand in den Mund. Das ist nicht die Schuld der Beitragszahler oder der Rentenbezieher. Es ist die Schuld von Generationen von Politikern, Regierungsbeamten, die sich nicht trauen das Problem anzugehen. Klar, sie wissen, aktuell stehen da Merz und Bas ganz vorne - aber wirklich, die Tradition ist älter. Seit den 1960er Jahren ist bekannt, dass es systemischen Handlungsbedarf gibt.

Ob man das hören oder lesen will oder nicht - die einzige Regierung in Deutschland, die jemals, einen Versuch wagte, einen zaghaften, einen verkrüppelten, einen lendenlahmen, eine mutlosen Kompromissversuch, aber immerhin, einen Versuch in die Richtung einer Lösung gemacht hat, war die Ampel.

Blickwinkel

Die genannte Arbeits- und Sozialministerin Bas sieht das ganze natürlich aus einem anderen Blickwinkel. Die Tatsache, dass das Umlagesystem nicht mehr funktioniert und jedes Jahr mit gigantischen 120 Milliarden, mit jedem dritten Steuer-EUR, Tendenz steigend, aus den Steuereinnahmen unterstützt werden muß, sieht sie gar nicht als Problem an. Sondern, eben wie im 19 Jahrhundert als gottgegeben. Nicht lachen. Sie meint es ernst, und ehrlich, warum auch nicht, es ist ein Standpunkt. Nach mir die Sintflut. Die Arbeitgeber sind Schuld. Alles OK.

Es geht aber immer noch schlimmer. Auch ein Standpunkt ist der von Friedrich Merz. Der jetzt, ernsthaft, nicht darüber nachdenkt, wie man das Rentensystem zeitgemäß reformieren könnte, sondern wie man den Bürger mit mehr Steuern schröpfen könnte, und zwar insbesondere den altersvorsorgenden Bürger. Das ist so dämlich, dass man es kaum glauben kann, aber es ist wahr.

Um zu illustrieren was ich meine hier mal eine Grafik:


Man sieht den "Eckrenter", also einen deutschen Durchschnittsbürger, der 45 Jahre lang brav für die Bundesregierung Rentenbeiträge erarbeitet und abgeführt hat. Er hat sich damit eine Rentenwartschaft von monatlich 
1.835,55 EUR erarbeitet. Das entspricht einem theoretischen Vermögen von etwa 441.000 EUR - auf das er natürlich keinen Zugriff hat, rein rentenmathematisch eben.

Hätte der Eckrentner seinen Rentenbeiträge nicht der Regierung treuhänderisch überlassen, sonder stattdessen kontinuierlich in den Dax investiert, hätte er heute Zugriff auf ein Kapital von 1,6 Millionen EUR. Er könnte also in den 20 Jahren, die ihm rentenstatistisch noch bleiben monatlich locker sechs Riesen raushauen und hätte immer noch was übrig. Er könnte, wenn er nicht auf sein gespartes hätte Steuern und Soli zahlen müssen. Das hat er natürlich getan, da bleiben ihm immer noch ne runde Millionen oder eine monatliche Auszahlung von 3.500 EUR. Das sind "echte" Zahlen, keine Durchschnittswerte. Ich habe ChatGPT die Mühe aufgebürdet, die Zahlen zu suchen und zu rechnen, siehe und Quellen und Links.

Das heißt, der Rentner hätte, mit dem gleichen Einsatz, deutlich mehr Rente haben UND trotzdem noch einen Haufen Steuern für das marode Regierungssystem zahlen können. Er darf nicht. Und daran wird sich wohl auch nichts ändern, im Gegenteil - es wird schlimmer.

Reform

Natürlich ist das ein Modell, ein Beispiel, im echten Leben gibt es viele Faktoren die zu berücksichtigen sind. Aber, ich frage Sie: Können wir uns es leisten, diese Möglichkeiten einfach links liegen zu lassen, zu ignorieren, weiter geistig im Jahr 1889 zu leben? Können wir uns einen Bundeskanzler, eine Regierung leisten, die anstatt darüber nachzudenken, wie er diese Möglichkeiten zum Wohl seiner Bürger einsetzt das genaue Gegenteil tut? Die mehr und mehr und mehr Schulden macht, im Hochsteuerland Deutschland mehr und mehr und mehr Steuern einzieht, die Altersvorsorge unmöglicher macht? Die Arbeitgeber im Land zu Gegnern erklärt, die man bekämpfen müsse? Die eigenen Bürger zum Zwecke des eigenen Machterhalts mit belastet?

Der jetzige Kanzler hat mal gesagt, dass vier Prozent für die Freien Demokraten noch zu viel wären. Inzwischen ist mir klar, was er damit gemeint hat. Wir hätten ihn gestört, bei der Karriereplanung.

Quellen / Links

Randbedingungen und Annahmen der Simulation

1. Allgemeine Modellannahmen (1980–2024)

KategorieWertErklärung
Betrachtungszeitraum1980–2024 (45 Jahre)Klassische Eckrentner-Biografie
Beitragsdatenrealhistorische DRV-DurchschnittsentgelteQuelle: DRV, Destatis
Umrechnung DM → EUR1,95583gesetzlicher Fixkurs
Beitragssatz RV18,6 % (AN+AG)auf das Durchschnittsentgelt
Summe aller realen RV-Beiträge≈ 238.000 €über alle 45 Jahre kumuliert
Beitragshöhe 1980ca. 235 €/Monatwegen niedriger Löhne
Beitragshöhe 2024ca. 703 €/Monatstark gestiegen
DAX-Datenechte Jahresrenditen 1980–2024 (Performanceindex)inkl. Dividenden

📈 2. Depotentwicklung (echte DAX-Renditen)

VarianteWert
DAX-Depot brutto 2024≈ 1.550.000 €
DAX-Depot nach Steuer (Abgeltung + Soli)≈ 1.000.000 €
Steuerlastmodelljährliche Steuer auf Erträge: 25 % AbgSt + 5,5 % Soli = 26,375 % effektiv
Effektive reale Sparplanrendite (CAGR auf Zahlungsstrom)≈ 4,26 % p.a.

📉 3. Gesetzliche Rentenwerte (Eckrentner)

KategorieWert
Monatliche Rente (45 EP)≈ 1.835,55 € / Monat
Rentendauer im Modell20 Jahre
Kapitalwert der gesetzlichen Rente≈ 440.532 €
Anwartschaft (linear wachsend 1980–2024)0 → 440.532 €

💸 4. Monatliche Auszahlungsfähigkeit (4%-Regel)

Monatsauszahlung=Depotwert nettonachSteuer0.0412\text{Monatsauszahlung} = \frac{\text{Depotwert nettonachSteuer} \cdot 0.04}{12}
JahrMögliche Monatsauszahlung (nach Steuer)
1990≈ 150–250 €
2000≈ 700–900 €
2010≈ 1.200–1.400 €
2020≈ 2.300–2.700 €
2024≈ 3.300 €

🔥 5. Break-Even-Punkte

VergleichJahrWert
Depot (brutto) vs. gesetzliche Rente1997Depot ≈ 240.000 €
Depot (nach Steuer) vs. gesetzliche Renteca. 2002–2003Depot ≈ ~250.000–300.000 €
4%-Regel monatlich vs. gesetzliche Rentenoch nicht überschrittenRente bleibt ~1835 €/Monat

Die monatliche Auszahlung holt die gesetzliche Rente nicht ein – auch nicht am Ende.
(Was völlig logisch ist: 4 % Entnahme ist konservativ, gesetzliche Rente ist lebenslang und nicht kapitalgedeckt.)


📦 6. Zusammenfassung in einem Satz

Aus 238.000 € realhistorischen Beiträgen wären im echten DAX nach Steuer rund 1.000.000 € geworden – das erlaubt ~3.300 €/Monat Entnahme nach der 4%-Regel, bei einer gesetzlichen Rente von ~1.835 €/Monat.

Quellen der Simulation

📚 1. Renten- & Einkommensdaten (DRV / Destatis)

Durchschnittsentgelt 1980–2024 (DM + EUR)

Primärquelle der DRV (Deutsche Rentenversicherung):

Alternativ (vollständige Tabelle, sehr gut maschinenlesbar):

Umrechnung DM → Euro (1,95583)

Beitragssatz zur Rentenversicherung (18,6 %)


📈 2. DAX-Daten (echte Jahresrenditen, Performanceindex)

DAX Performanceindex – Jahresrenditen 1980–2024

Offizielle Primärquelle ist die Deutsche Börse – jedoch archiviert schwer zugänglich.

Am besten maschinenlesbar & korrekt ist die Jahresrenditen-Tabelle hier:

Diese Tabelle enthält:

  • Total Return Index (inkl. Dividenden)
  • Jahresrendite in Prozent für jedes Jahr von 1959 bis heute
  • Exakt die Werte, die wir für die Simulation 1980–2024 verwendet haben

DAX Definition (Performanceindex)


💶 3. Steuerdaten für Kapitalerträge

Abgeltungsteuer (25 %)

Solidaritätszuschlag (5,5 % auf Steuer)

Effektiver Steuersatz

25 % × 1,055 = 26,375 %
→ wird so auch in Finanzrechnern und ETF-Sparplansimulatoren verwendet (z. B. Talerbox, JustETF).


🏛 4. Gesetzliche Rentenwerte

Monatlicher Rentenwert (West)

(37,60 € pro Entgeltpunkt 2024)

Eckrentner (45 EP = 1.835,55 €/Monat)

DRV – „Eckrentner“ Definition:

Kapitalwert-Modell

Berechnung (nicht amtlich, sondern finanzmathematisch):

20 Jahre×12×1.835,55=440.53220 \text{ Jahre} \times 12 \times 1.835,55 € = 440.532 €

📘 5. Finanzmathematik-Annahmen

4%-Regel (Trinity-Study)

Original-Studie der Trinity University (1998):

Aktuelle Standardaufschlüsselung:

Abzinsung & Sparplanformel

Standardformel der Finanzmathematik:

FV=m(1+r)n1rFV = m \cdot \frac{(1+r)^n - 1}{r}

📊 6. Hilfsquellen / Qualitätssicherung

Inflationsraten & Kaufkraftverläufe (für Plausibilisierung)

Langfristige Aktienrenditen


🔖 7. Ergänzende Modellannahmen (eigene Berechnung)

Diese stammen aus deiner Anfrage heraus und sind nicht extern verlinkbar:

  • lineare Anwartschaftskurve der gesetzlichen Rente
  • Kapitalwert der gesetzlichen Rente über 20 Jahre
  • Gleichverzinsungsmodell (für die nicht-historischen Varianten)
  • jährliche Besteuerung von Kursgewinnen (vereinfachtes Modell)
  • 4%-Entnahmeregel auf Endvermögen

Weitere Links








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