Facebook-Opa
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Bild: ChatGPT. Prompt: Erstelle ein Bild von einem wütenden Facebook-Opa, der demnächst zur Hölle fährt. <> |
Ich bin froh in einer aufgeklärten, liberalen Demokratie zu leben. Einer Gesellschaft, in der jeder seiner Religion anhängen, diese praktizieren darf. Und ich habe überhaupt kein Problem damit, die christliche Tradition Deutschlands überall zu spüren und zu sehen, ihr zu begegnen. Aber ich bin politischer Mensch, kein religiöser. Ich bin als katholischer Christ getauft und aufgewachsen - aber ich bin keiner, war es nie.
Möglicherweise sieht das die katholische Kirche, mein Tauf-Pfarrei anders. Aber es ist mir egal. Religion spielt in meinem Leben keine Rolle. Mir geht es da wie Lemmy Kilmister: God was never on my side.
Und ich bin immer wieder selbst am erstauntesten darüber, dass das so ist. Denn ich bin fasziniert von Religiosität. Von Spiritualismus und Transzendenz. Von der Frage, von der ja nun jeder weiß, dass ihre Antwort 42 ist, die aber trotzdem nie befriedigend beantwortet wird. Ich hatte neulich die Zeugen Jehowas zu Gast. Sie klingelten bei mir, ich bat sie herein, denn ich wollte wissen, was sie zu sagen haben. Vielleicht hatte ich den heimlichen Wunsch, dass sie mich überzeugen, von ihren Ansichten, ihrem Glauben. Denn: ich bewundere Menschen, denen ihre Religion, ihr Gott Trost und Zuversicht spenden. Ich denke manchmal, ich bin schlicht neidisch, dass sich Gott für mich nicht interessiert. Bin kein Zeuge Jehowas geworden.
Die Macht ist mit mir
Nicht neidisch bin ich auf diejenigen, die ihren jeweiligen kirchlichen Organisationen anhängen. Ich war auf einem katholischen Jungen-Gymnasium. Ich hatte also etwas Einblick in die Orga. Nein, Danke. Regeln sind nicht so mein Ding. Wenn ich so höre und beobachte, was eben etwa die Zeugen Jehowas, die Anhänger des Islam oder der christlichen Kirchen auf sich nehmen, um ihrem Gott zu gefallen (?), da bin ich eigentlich froh darüber, dass Gott und ich uns gegenseitig so fremd sind. Denn, so möchte ich nicht leben. Und, ganz ehrlich, auch nicht sterben.
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Heute ist der vierte May, mein Imperator. Bild: Ja. |
Ich war schon immer der Meinung, dass die dunkle Seite der Macht die richtige ist. Dieses ewige Getue von Anstand und Nettigkeit, moralischer Erhabenheit und dem naiven und scheinbaren Wissen über "Gut" und "Böse", das geht mir fürchterlich auf den Keks. Auch das "Look and Feel" ist nicht so meins. Röcke und Kleider stehen mir nicht, ich bevorzuge Hosen und Hemden. Also kurz gesagt: Ich will auf keinen Fall in den Himmel, ich freue mich auf die Hölle. Satans gonna get me.
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Ich bevorzuge Hosen. Bild: Wikipedia. Von : |
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So trickst man den Tod aus. |
Wo soll das hinführen?
Aber warum schreibe ich das hier überhaupt auf? Ich bin, wie geschrieben, politischer Mensch. Und ich habe, weiß Gott (hihi), genug politische Gegner, ich brauche nicht auch noch religiöse. Will ich auch nicht. Soll jeder nach seiner Facon glücklich werden. Aber: In einem Kommentar zum evangelischen Kirchentag wurde ich von einem Pfarrer als "Facebook-Opa" bezeichnet. Da hört der Spaß auf.
Nein, natürlich bin ich mir sicher dass Justus Geilhufe nicht mich gemeint hat, in seinem Beitrag in der Welt:
"... Jenen, die sich in puncto Kirchentag wie jene Facebook-Opas benehmen, die uns mit enorm viel Tagesfreizeit und extrem wenig Medienkompetenz das Leben in der ostdeutschen Provinz manchmal unerträglich machen, weil sie wieder was im Internet gesehen haben....“.
Aber, er hat mich ertappt. Ich fühle mich angesprochen. Nicht weil ich jemals was von der Initiative "BDSM-und-Christsein" gehört hätte. Von was? Natürlich hab ich das dann gegoogelt, da gibts tatsächlich einen Arbeitskreis. Mein Gott, aber, anderes Thema.
Natürlich ist mir in letzter Zeit die Diskussion um die Politisierung der Kirchen aufgefallen. Facebook-Opa? Was fällt dem Kirchenflegel ein? Wenn ich seine Kritik der Kirchentagskritiker lese, und ich kann mir vorstellen, wieviel Kritik ein Kirchentagsbesucher so einstecken muß, bestimmt nicht weniger, als ein FDP Mitglied, dann frage ich mich aber eben doch wieder: Was will der Kritiker mir eigentlich mitteilen? Eins nehme ich mit: Als Pfarrer darf man seine Gläubigen offensichtlich "Laien" nennen.
Da fällt mir dann doch wieder ein Grund mehr ein, warum ich aus der Kirche ausgetreten bin. Ich würde es mir nicht erlauben, erwachsene Bürger als "Laien" zu bezeichnen, wenn Sie mir von zentralen Lebensthemen, etwa ihrem Glauben berichten. Das wäre so als würde uns der Finanzminister als "Laien" bezeichnen, wenn es ums Steuerrecht geht. Es wäre eine Unverschämtheit. Es wäre eine Überheblichkeit. Der Bürger ist der Vorgesetzte des Finanzministers, nicht umgekehrt. Und er ist auch der Fachmann fürs Steuern zahlen - er tut es nämlich.
Den Menschen auf Augenhöhe begegnen, das ist es, was wir Facebook-Opas so tun. Bevor wir zur Hölle fahren.
Links
- Motorhead: God was never in my side - Offiicial Video
- Zeugen Jehowas
- Hells Bells
- Sean Carroll: The good, the bad and the god
- Welt: Meinung: Kirchentag: Eine kleine Kritik der Kritiker
- BDSM und Christsein
- 42
- Guy Martin
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