Hessentag

Enthüllung des Hessentags-Logo der Stadt Pfungstadt. Bild: Stadt Pfungstadt.

Ich war Hessentagsbefürworter der ersten Stunde. Zitat FDP-Pfungstadt aus dem Jahr 2018: "Wichtig für die FDP Pfungstadt ist die von Magistratsmitglied Mathias Zeuner in die Beschlussvorlage eingebrachte Bedingung: „Die Durchführung (des Hessentags) soll so organisiert werden, dass zusätzliche Belastung der Bürgerinnen und Bürger vermieden werden“. Das stand da auch so im Beschluss 232/2018. Alles OK.

Es hat nicht funktioniert. Die Hessentagsdurchführung endete mit einem operativem Verlust von über zehn Millionen EUR. Selbst wenn man die Investitionszusagen des Landes Hessen von 6 Millionen EUR, etwa ein Landeszuschuss für ein weiteres Pfungstädter Großprojekt, den Schwimmbadneubau, dagegen rechnet, ist das eine finanzielle Katastrophe für Pfungstadt. War es nun ein Fehler, mit der großen Mehrheit der Stadtverordneten für die Ausrichtung des Hessentags zu stimmen, dem Beschluss 232 im Jahre 2018 zuzustimmen? War es ein Fehler nicht auf den vehementen Widerstand anderer Stadtverordneter, deren Warnungen zu hören?

Eins ist klar: Das war der letzte Hessentag in der Form, wie in das Land Hessen ausrichtet, der ich in meinem Leben zugestimmt habe. Ich habe Dinge falsch eingeschätzt. Zu allererst: Ich hätte nicht mit der Sturheit, ja, man kann es nicht anders sagen: mit der Borniertheit der hessischen Landesregierung, sowohl der schwarz-grünen, als auch der schwarz-roten gerechnet. Auf meinen Kommentar einem Parteifreund aus der hessischen Landtagsfraktion gegenüber: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die hessische Landesregierung den Hessentag ausrichtet, um seine Kommunen zu ruinieren", antwortete der trocken: "Doch".

Als es einige Wochen vor dem Beginn (natürlich viel zu spät) klar wurde, dass mit erheblichen Kostensteigerungen gegenüber des Plans zu rechnen ist, waren die Pfungstädter Stadtverordneten im April 2023 aufgefordert darüber zu entscheiden, ob die Notbremse gezogen werden sollte oder nicht. In dieser Sitzung habe ich einen politischen Fehler gemacht. Nach intensiver Abwägung im Kreis der Parteifreunde sind wir zu dem Schluß gekommen, dass wir, entgegen unserem ursprünglichen Votum, es eben doch zulassen, dass der finanzielle Rahmen ggf. gesprengt wird. Vor der Entscheidung "Pest" oder "Cholera" stehend und natürlich vor der Aussage des Ministerpräsidenten des Landes Hessen VOR der Entscheidung der Betroffenen:

„2023 wird es einen Hessentag geben und der wird in Pfungstadt stattfinden. .... Kostensteigerungen im Zusammenhang mit Hessentagen sind […] kein Problem, das wir nur in diesem Jahr kennen. Also wir werden den Hessentag durchführen. Wir werden […] unterstützen können. 2023 wird es einen Hessentag geben und der wird in Pfungstadt stattfinden.“ Zitat des MP Rhein vor der Entscheidung der Pfungstädter Stadtverordneten. Sowas nennt sich Feudalismus.

10 Millionen Miese sind für Boris Rhein kein Problem. Für Pfungstadt schon, auch für die Freien Demokraten:

"Mit Bestürzung haben wir in der Sondersitzung am 28. November 2023 das finanzielle Ergebnis des Hessentags 2023 in Pfungstadt zur Kenntnis genommen. Mit einem operativen Defizit von 10 Millionen EUR ist es schlicht eine Katastrophe. Der größte anzunehmende finanzielle Unfall. Das von der FDP Pfungstadt gegenüber dem Magistrat von Anfang an, seit 2018, geforderte strikte Kostencontrolling fand schlicht nicht statt. Ein Versagen epischen Ausmaßes"

Es war klar, dass dieser Hessentag, als eine der ersten Großveranstaltungen nach den teils unsinnigen und wirtschaftsschädigenden Beschränkungen der Corona-Pandemie unter finanziellen Unwägbarkeiten leiden würde. Und diese Beschränkungen hatte natürlich auch die Landesregierung zu verantworten. Deswegen sollte man davon ausgehen, dass eben diese Landesregierung weiß, was es bedeutet, Pfungstadt ins kalte Wasser zu stoßen. Denn diese Auswirkungen betrafen eben auch den "Landesteil" der Veranstaltung. Und das Land ließ uns allein mit dem Problem.

Ja, und das ist die zweite Lehre: Die Stadtverwaltung war, nicht mit der Organisation, aber eben mit dem von der FDP geforderten "strikten Kostencontrolling" überfordert. Werder die Stadt noch das Land waren und sind in der Lage, Projekte dieser Größenordnung ordentlich abzuwickeln. Das zentrale Element, dass für die Freien Demokraten, auch für mich elemntar war, bei der Ausrichtung des Hessentags, nämlich das wirksame Kostencontrolling, fand nicht statt

"Ein wirksames Kostencontrolling habe zu keiner Zeit stattgefunden – weder von der Stadt noch vom beauftragten Dienstleister. „Die Verwaltung war definitiv überfordert“, so Nickel. Die fehlende Kompetenz beim Controlling habe zur Kostenexplosion und der Abhängigkeit von der Arbeitsgemeinschaft Projektsteuerung Hessentag Pfungstadt (Arge ProHeTaPfu) geführt. Diese war vom Magistrat der Stadt mit der Projektsteuerung, Konzeption, Planung und Begleitung der Durchführung wesentlicher Teile des Hessentags beauftragt worden." Zitat des Revisionsamts aus Darmstädter Echo

Wie ist also nun die Antwort auf die Frage: War es ein Fehler, der Ausrichtung des Hessentags in Pfungstadt zuzustimmen? Ja, es war ein Fehler. Es war ein Fehler zu glauben, die hessische Landesregierung würde uns nicht im Stich lassen. Es war ein Fehler zu glauben, ein zum Teil aus ehrenamtlichen bestehendes Projektsteuerungsteam wäre in der Lage ein solches Fest zu organasieren, die Kosten im Griff zu behalten. Kein Fehler aber war es, an die Leistungsfähigkeit und den Leistungswillen Pfungstadts zu glauben. Kein Fehler war es nicht zu denen zu gehören, die schon vorher mutlos an ein Scheitern glaubten, ohne zu bedenken, dass nur derc, der wagt auch gewinnen kann.

Es war ein Fehler, den ich kein zweites Mal machen werde, Herr Rhein.