Schrödingers Obdachlosenunterkunft

 


Schrödingers Katze ist entweder da oder nicht. Je nach dem. Mit der Obdachlosenunterkunft in Pfungstadt scheint das ähnlich zu sein. Gestern war Stadtverordnetenversammlung in Pfungstadt.

Wichtig: Erste Amtshandlung war die Ehrung verdienter Kommunalpolitiker: Glückwunsch an Marion Fissel und Herrn Herrmann zur Ernennung zur Ehrenstadtverordneten und zum Eherenmitglied der Kulturkomission!

Thema Nummer eins in der Stadtverordnetenversammlung am 05. Mai war aber der Doppelhaushalt 2025/2026. Nummer zwei: Schrödingers Obdachlosenunterkunft. Außerdem: Populismus

Meine Haushaltsrede als Fraktionsvorsitzender der FDP Fraktion begann, natürlich, mit dem geklauten Statement meiner Vorrednerin:

Geklaut

"Sehr geehrte Damen und Herren, 

"ein Kompromiss mit dem wir leben können". Wir von der FDP streben ja grundsätzlich nach Effizienz, deshalb erlaube ich mir die Grünen, Frau Beutler, zu zitieren. 

Wir respektieren die Arbeit, die im vorliegende Haushaltsentwurf steckt. Die breite Beteiligung die intensiven Diskussionen, das Ringen um Kompromisse. Die prognostizierten Ergebnisse für den Doppelhaushalt 25/26 sind im Angesicht der aktuellen Situation akzeptabel. Das, was man erwarten kann. 

Deswegen werden wir dem Entwurf zustimmen.

Ja, der Hessentag hat uns nicht geholfen, bei der Haushaltsaufstellung. Dennoch: Der Haushalt ist auch politisch müde und ambitionslos. Er setzt keine Impulse. Da stimme ich den meisten Vorrednern explizit nicht zu. Von allem ein bisschen, ja. Ein bisschen Steuererhöhung, ein bisschen sparen, ein scheuer Blick in die Zukunft. Er will es allen recht machen natürlich, das ist nichts negatives per se. 

Selbstverständlich soll und muß ein Haushalt handwerklich in Ordnung sein; ist aber eben auch ein politisches Steuerungsinstrument. Und da fehlt uns doch einiges, insbesondere an Konsequenz. Einsparungen werden am grünen Tisch beschlossen. Kaum erblicken Sie das Licht der Realität, werden Sie scheibchenweise relativiert und zurückgenommen. Ein für uns offensichtlicher Fehler ist Technokratie und Bürokratismus - so als würde es irgendwem nützen, wenn notwendige Ausgaben erst fünzehnmal durch Ausschüsse geschleust werden.

Die Stadt Pfungstadt ist handlungsfähig, mit dem Geld, dass wir, die Bürger ihr zur Verfügung stellen. Auch wenn der Kreis Darmstadt-Dieburg, die Einigkeit aus CDU und SPD gnadenlos zugreift, sich aus dem Stadtsäckel bedient. Auch wenn die gleiche politische Mehrheit in Wiesbaden, als wäre der Feudalismus nie abgeschafft worden, uns um jeden Cent betteln läßt: dennoch sind wir handlungsfähig. Aber niemand kann sich alles leisten. Deswegen müssen Prioritäten gesetzt, und vor allem umgesetzt werden. Deswegen muß man MUTIG sein, konsequent sein, sowohl bei dem was man investiert, als auch dort, wo man kein Steuergeld ausgeben will.

Kurz: Dem Haushalt fehlt die politische Komponente, die Zukunftskomponente, Aber, ich zitiere die Grünen erneut - ein Kompromiss mit dem wir leben können.

Danke"

Schrödinger?

Natürlich ist es sinnlos, sich in einer Diskussion im Mühlbergheim in Pfungstadt auf Quantenphysik zu beziehen. Aber, wer sich jemals mit Schrödingers Bemühungen auseinandergesetzt hat, die kuriosen makroskopischen Auswirkungen seiner Gleichung zu demonstrieren, der hatte am 05. Mai 2025 ein deja-vu. 

Das Thema: Im August 2024 beschloß eine Mehrheit der Pfungstädter Stadtverordneten den Neubau einer Obdachlosenunterkunft in der Sudetenstraße. Aus heiterem Himmel, ohne Abstimmung mit der Verwaltung, der Gebäudekommission geschweige denn, den Anwohnern. Der bestehende Standort Goethestraße 64 sollte verkauft werden, so der Plan.


Wenig erstaunlich, fragen jetzt die betroffenen AnwohnerWarum? Und ich kann die Frage nicht beantworten. Ein unsinniger Beschluss, den die FDP Pfungstadt damals auch ablehnte. 
Wie man im Screenshot entnehmen kann, ist der Beschlusses 94/2024 semantisch ambiguitätsfrei: Die Mehrheit der Stadtverordneten will den Bau einer Obdachlosenunterkunft in der Sudetenstraße. Es ist wichtig, dass so zu betonen, denn, es wurde gerudert, in der Stadtverodneteversammlung am 05. Mai. Heftig, wild und zurück. Von den Mitinitiatoren des Beschlusses, den Bürgermeisterkandidaten Ralf Krier und Katrin Seeger, wurde uns erläutert, warum es gar nicht stimme, dass das Wort "Obdachlosenunterkunft" auch "Obdachlosenunterkunft" bedeuten würde. Ein erstaunliches Kunststück, dass natürlich grandios scheiterte. Rechtsanwalt Krier hatte im Baugesetzbuch Beweise gefunden, warum "Obdachlosenunterkunft" nur dann "Obdachlosenunterkunft" bedeutet, wenn es ihm in den Kram passt. Und Katrin Seeger ist enttäuscht, dass "Obdachlosenunterkunft" angeblich falsch dahingehend gedeutet würde, dass "wir" (sic!) "immer an allem Schuld wären". Ähh, what? Nein. Das sind keine verantwortungsvollen politische Positionen.

Was nun? Klar, das Kind ist in den Brunnen gefallen. Die von den Stadtverordneten beauftragten Mitarbeiter der städtischen Verwaltung waren nicht untätig, sind fortgeschritten bei der Planung von Schrödingers Obdachlosenunterkunft in Pfungstadt. Immerhin scheint nun klar zu werden, dass, ich spekuliere, der eigentliche Wille der Stadtverordneten, entgegen ihren Worten, es war dort ein Wohnhaus in der Sudetenstraße errichten zu lassen. Aha. Ein Schritt nach vorne.

Was man hätte tun sollen wäre einen Bebauungsplan aufzustellen. So ein Bebauungsplan hat durchaus Vorteile. Eben etwa die strukturierte und methodische Einbindung der Betroffenen, die Möglichkeit Bauvorhaben stadtplanerisch vorzubereiten, anzubinden. So war es natürlich ursprünglich von Magistrat und Bauamt auch vorgesehen. Solange bis eben dieser Beschluss 94/2024 gefasst wurde, warum auch immer.

Ich plädiere dafür, das jetzt zu tun. Den Bau, die Planung anzuhalten, solange, bis ein B-Plan existiert. Bis klar ist, wie man das entsprechende Viertel städtebaulich entwickeln will. Wo man hin will. Im Konsens mit den Bewohnern. 

Außerdem plädiere ich dafür darüber nachzudenken, ob denn im Licht der "neuen" Situation die Stadt Pfungstadt der beste Bauherr für ein "Wohnhaus" ist. ich hab natürlich eine Antwort: Nein. In der sozialen Marktwirtschaft gibt es da einen feinen Ausgleich: Die Stadtgesellschaft einigt sich auf einen B-Plan, verkauft das Grundstück an einen Privatmann oder ein privates Unternehmen und der entscheidet dann auf der Basis der Leitplanken im B-Plan, was dieser mit dem Grundstück macht. 

Natürlich muss Schrödingers Beschluss 94/2024 aufgehoben werden.

Populismus

Auf der Tagesordnung fand sich ebenfalls ein Antrag der FDP Pfungstadt. 2022 hat die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, dass die Stadt Pfungstadt dem "Bündnis Seebrücke" beitritt. Eine symbolischer Akt, der in die falsche Richtung zeigt. Deshalb forderten wir: "Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen: Der Beschluss DS 66/2022 1. Ergänzung „Beitritt Pfungstadt zum Bündnis Seebrücke, Pfungstadt erklärt sich zum sicheren Hafen“ wird aufgehoben."

Ziel unseres Antrags war es deutlich zu machen, dass Pfungstadt die Integrationskapazität für Asylsuchende und Flüchtlinge erreicht hat. Wenig verwunderlich wurde uns dafür Populismus und fehlende Gutheit vorgeworfen. Die teils wütenden Reaktionen waren wenig überraschend, vorhersehbar. Die Angst, schwierige Themen anzusprechen war plastisch spürbar, ebenso die Erleichterung bei einigen, dass wir es dann letztendlich waren, die den Mut dazu fanden. Für uns bleibt klar: Eine konsequentere Asylpolitik kann sich nicht nur auf das Jammern in Haushaltsreden über die Überlastung der Kommunen erschöpfen. 

Was im Bund gilt, muß auch im Land und in der Kommune gelten. Wer so tut, als würde Deutschland jeden aufnehmen, ihm Asyl gewähren können, der es einfach schafft deutschen Boden zu erreichen, der weckt falsche Hoffnungen. Sowohl bei uns als auch bei denen die kommen wollen. Und das ist nicht fair, das ist falsch. Das führt zu Hass und Spaltung in der Gesellschaft. Zitat:

 „Eine liberale Einwanderungspolitik, wie sie uns vorschwebt, muss auf Kontrolle, klaren Regeln und funktionierendem Management basieren – nicht aber auf kultureller oder ethnischer Abschottung.“

Dahinter stehen wir, und dahin zielt unser Antrag. Die Diskussion wird zurückkommen.

Links

Bürgermeisterkandidat Pfungstadt - Mathias Zeuner
https://mzbereit.de

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wilhelm