Zu den Waffen

Die deutsche Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas versteht nicht so richtig, wie das mit der sozialen Marktwirtschaft funktioniert. Deswegen wurde sie von Arbeitgebern ausgelacht. Jetzt sucht sie Trost und Mitleid bei den Jusos. Das könnte klappen. Gemeinsam bläst man zum "Angriff gegen die Arbeitgeber".

Klar, das funktioniert seit 1890, warum soll man da was ändern. Schuld ist der Klassenfeind "Männer im Maßanzug". Ein Konzept, dass sogar junge AfD Wähler verstehen könnten. (Kommentarvorschlag zum Video: "Die Typen gibts in jeder Partei").

Feind

Der Feind ist also identifiziert: Der Arbeitgeber ist es. Nicht etwa die Reformunfähigkeit, die politische Evolutionsmüdigkeit. Jedenfalls in Deutschland. In anderen Ländern nicht. Schaut man aus der sozialistischen EU heraus sieht man: Während wir uns rentnerisch zurückentwickeln, wegen der Arbeitgeber, führt die Schweiz etwa gerade eine 13. Rentenzahlung ein.

In Deutschland dagegen sinkt das Rentenniveau. Dafür steigt das Defizit des Umlagesystems, also die Höhe der notwendigen Steuerzuschüsse.

Gelbe Linie: Bundeszuschüsse an die gesetzliche Rentenversicherung nominal (in Mrd. €).
Gestrichelte Linie: Bundeszuschüsse, inflationsbereinigt auf 2020-Preise (ebenfalls Mrd. €).
Rote Linie (rechte Achse): Rentenniveau netto vor Steuern (Standardrente nach 45 Beitragsjahren mit Durchschnittsverdienst, v. a. alte Bundesländer)

Die Bundeszuschüsse (gelb) steigen von rund 55 Mrd. € (2006) auf knapp 88 Mrd. € (2024). Real (2020-Preise) wächst das etwas flacher, aber trotzdem deutlich: gute 66 → 73 Mrd. €. Das Rentenniveau (rote Linie) dagegen fällt von gut 52 % (Mitte 2000er) in Richtung 48 % und wird dort mit der Haltelinie politisch fixiert.

ChatGPT ist bei der Erstellung des Diagramms übrigens ausgesprochen vorsichtig, "auf der sichern Seite" der Datenbasis vorgegangen. Früher hätte man "konservativ" gesagt, aber das geht ja inzwischen nicht mehr. Der tatsächliche Steuerzuschuss liegt nocheinmal deutlich höher, wenn man alle, auch die etwas versteckteren Steuerzuschüsse dazu rechnet: 2023: ~118 Mrd. 2024: ~123 Mrd. 2025 geplant: ~127–128 Mrd. Eins ist sicher: Das Problem wird größer.

Mehr Steuern?

Brauchen wir also mehr Steuern? Ist das als Idee genug? Endlich die lange geforderte Umverteilung? Endlich mehr Geld von den Reichen im Land? Endlich mehr Erbschaftssteuer?

Die Schweizer jedenfalls haben auch gerade die Forderung der dortigen Jusos nach Einführung einer einheitlichen Erbschaftssteuer für Vermögende abgelehnt. In der Schweiz gibt es keine landesweite Erbschaftssteuer. In den meisten Kantonen erben Ehepartner und Kinder völlig straffrei. Im Kanton Schwyz etwa, könnte die dort gemeldete AfD Bundesvorsitzende Alice Weidel ihrer Frau und ihren Kindern ihr Millionenvermögen steuerfrei hinterlassen. Oder dem örtlichen Tierheim, spielt keine Rolle - im Kanton gibts keine Erbschaftssteuer. Dreizehn Rentenzahlungen im Jahr trotzdem.

Fairerweise muß man sagen, dass die AfD programmatisch die komplette Abschaffung der Erbschaftssteuer in Deutschland fordert. Obwohl das Durchschnitts Erbe des AfD-Freunds deutlich unter den aktuell geltenden Freibeträgen liegen dürfte. Vielleicht weiß er das gar nicht. Sarah Wagenknechts Erben hingegen müssten die 4,2 Millionen-Mitgift im Saarland politisch gewollt versteuern. Bei steigender Tendenz. Unklar bleibt, wo das BSW die Schwelle zu "großen Vermögen" zieht, die die nationalen Sozialisten stärker besteuern wollen. Ein Schelm der glaubt die Grenze läge bei 4,3 Millionen. Nein - 25 Millionen sollens sein, ab denen man als vermögend gilt. Na, das wird Kohle in die Kassen spülen. Die Rente retten. Nicht.

Auch interessant, wessen Vermögen da gar nicht soweit von entfernt ist. Vielleicht hat ja Lafontaines Frau die Grenze deshalb dort angesiedelt. Die Liste der reichsten Politiker wird von einem ehemaligen Juso-Vorsitzenden angeführt. Einer, der sich mit der AfD einig ist, was die Position zu Putin anbetrifft - lupenreiner Demokrat! Warum, frage ich mich, zahlen gerade die, die immer so laut "mehr Steuern" brüllen und ja nachweislich Kohle haben, nicht freiwillig? Ja, das geht, keine Angst es gibt keine Spendenquittung, das Geld fließt einfach in den unersättlichen Schlund der staatlichen Schuldentilgung, ohne jeglichen persönlichen Vorteil:

Deutsche Bundesbank
IBAN: DE17 8600 0000 0086 0010 30
BIC: MARKDEF1860
Verwendungszweck „Schuldentilgung“

So kann jedermann Geld, mehr staatliche Abgaben, einzahlen. Auch Jusos die herbeigesehnten höheren Abgaben, die Verstaatlichung der eigenen Arbeitsleistung schnell und nach persönlichem Gusto herbeiführen. Oder ist das zuviel Freiheit? Geht es nicht ohne Zwang? Ist das doch so eine Art Fetisch?

Unnötig zu betonen, dass ich das selbst niemals tun würde. Ich leide nicht unter Erlöser-Psychosen. Und auch nicht unter Doppelmoral. ich halte, im Gegenteil, etwa Erbschaftssteuer schlicht für staatlichen Raub. Schließlich wurde mein (bescheideneres als Schröders) Vermögen ja bereits versteuert. Welches Argument das Ende meines irdischen Daseins Klingbeil liefern sollte, damit der nochmal abkassiert - ich weiß es nicht. Wie gesagt, Psychosen: Nein. Metabolisches Syndrom: Ja. Vielleicht gibts demnächst ja ne Herzinfarktsteuer - meine Frau und meine Kinder verlieren dann stückweise ihre Freibeträge, weil ich beinahe abgekratzt wäre. Da bin ich ganz auf Linie der Schweizer Kanzlerkandidatin Weidel.

Trick?

Oder ist der nie erlahmende Ruf nach mehr, mehr, mehr und noch mehr von des Bürgers erwirtschaftetem Geld eben doch nicht die Lösung? Die, wie es Bas gerade macht, Spaltung der Gesellschaft in "Bürger" und "Arbeitgeber", "Vermögende" und "Arbeiter" einfach nur Kosmetik, doch nicht dazu geeignet, das Problem zu lösen? Langt gesellschaftliche Schuldzuweisung, oder ist es nicht doch so, dass eine umfassende Reform, in diesem Fall des Renten-Systems notwendig ist?

Ich weiß natürlich, auch weil mich selbst Parteifreunde darauf hinweisen, dass man in Deutschland nicht politisch ungestraft gegen Steuern, schon gar nicht gegen die Erbschaftssteuern wettern darf. Da wird man nicht gewählt. Jedenfalls nicht, wenn man nicht AfDler ist. Der Deutsche liebt seine Steuerlast inständig. Läßt keine demokratische Möglichkeit aus, sich diese selbst weiter zu erhöhen. Vermutlich weil er eben glaubt, er selbst müsse gar keine Steuern zahlen, das müssen nur böse Kapitalisten, gleich: "Arbeitgeber". Anständige deutsche Arbeiter zahlen nur Beiträge.

Vielleicht ist das ja Bas' Kalkül, wenn sie darauf verweist, dass die Merzschen Rentenpläne nur die Steuern erhöhen. Wenn Sie zum Klassenkampf ruft. Vielleicht ist das die SPD-, die Juso-Version des Einreißens der Brandmauer, die Rückgewinnung verlorener Wählerschichten - Gemeinsam zurück in die gute alte Zeit, ins neunzehnte Jahrhundert? Die ewig gestrigen vereint im Blick nach hinten? Vielleicht sollte ich mir ne Scheibe abschneiden, indem ich auch endlich anfange politisch mehr Abgaben und Steuern von den Bürgern zu fordern. Warum nicht mal ne Vermögensteuer einführen? Ich weiß nicht.

Post auf X von "Deutscher Schäferhund". Weidel als Jeanne d'Arc, Ritterin. Vermutlich ohne Ironie. Ich weiß es nicht. Ich bin jedenfalls vor Lachen beinahe vom Pferd gefallen, als ich das gesehen habe.

Echte Helden

Noch schwerer fällt es mir, gegen den Inhaber der Handwerksbäckerei in der Kleinstadt in der ich wohne, der 60 Mitarbeitern Arbeit und Lohn gibt, politisch zu Felde zu ziehen. Irgendwie bleibt in mir dieses Gefühl, das es genau diejenigen sind, die Arbeitgeber, denen wir es überhaupt verdanken, dass wir als Deutsche jedes Jahr 120 Milliarden EUR in das kaputte Renten-Umlagesystem stecken können. Das wir diejenigen brauchen, die mit Leidenschaft und Hingabe ihrer Profession nachgehen und dadurch Arbeitsplätze schaffen, diese überhaupt erst ermöglichen. Die inzwischen hohe, geradezu unglaubliche Risiken eingehen, gesellschaftlich gemachte, gewollte Risiken und trotzdem nicht aufgeben. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass man sich bei denen bedanken müsste, anstatt sie zu bekämpfen. Das man den Arbeitgeber fördern und unterstützen müsste, anstatt ihm das Leben schwer zu machen.

Aber, ich muß da wohl umdenken. Ich muß dieser Gedanken an Individualität und freie Entlastung endlich los werden. Putin und Jinping gehen ja mit guten Beispiel voran, zeigen mir wie es auch gehen kann. Oder die Jusos halt. Wenn es nach denen ginge, würde ja in Deutschland der umgekehrte Erbfall Normalität sein: Jeder Bürger erhält mit dem 18ten Geburtstag ein "Grunderbe", das, man ahnt es, der Klassenfeind bezahlt. Das Renteneintrittsalter wird noch etwas gesenkt und dazwischen ist sowieso jeder irgendwie im Staatsdienst beschäftigt. BMW verstaatlichen und so. Die Jusos brauchen keine Arbeitgeber. Und leider nützt mir die AfD auch nichts, denn die will ja nicht nur die Erbschaftssteuer abschaffen, sondern eben auch das Erben.

Im zukünftigen West-Belarus, dem imperialen Traumdeutschland von Alexander Eichwald, fällt das Erbe von vermögenden Fensterstürzlern automatisch Putin zu. Alle anderen werden zum Militär eingezogen. Irgendwie muß man ja sein Imperium gegen jüdische Liberale verteidigen.

Alles was man braucht ist eine gemeinsames Feindbild. Zu den Waffen!